Freitag, 29. Januar 2010

Buchbinden : Knopflochseide für Kapitalband

Buchbinderisch Bewegte benötigen dieses kostbare Gut der Fa. Gütermann, in englischen Texten gern auch als Guterman bezeichnet. In den letzten noch verbliebenen Nähgarnschränken der Kaufhäuser, EK-Zentren etc. fristet die schöne dicke Knopflochseide (R 753) ein trauriges Ghettodasein neben grässlichen Lurexfäden und gruseligen Smoggummis. 
Immerhin bekomme ich in dem von handarbeitskundigen türkischen Damen stark frequentierten Laden in der Nähe ein paar Grundfarben, vor allem beige, welches ich verachte. Das aufgeregte Getuschele der Damen, wenn sich ein Kerl durch die fachsimpelnden Damen-Reihen durcharbeitet, um kleine Röllchen genäschig auszusuchen, über die schwachbrüstige Auswahl zu meckern und dann doch zu kaufen, das macht richtig Spass. 
Weil ich nicht für ein-zwei Röllchen  á 1,20 € in die City fahren möchte, habe ich ein paar Versuche gestartet, bei ebay zuzuschlagen. Es ist mir auch gelungen, vor allem habe ich nun 28 antike Röllchen in Knall-Anthrazit, welches in den Kalker Arkaden nie vorrätig ist, mich aber bis an das Ende meiner Tage mit dunklem Kapitalfaden versorgt. Mein spontaner Reisstest sagt: Super Vorkriegsware!
Gestern streifte mich allerdings der Schlag, als ich die Ergebnisse für diese von mir beobachteten Versteigerungen las: Angeboten wurden 4 Konvolute mit je 28 Röllchen Gütermann (Guterman) Knopflochseide.
Nr. 1; grau, anthrazit, silber, ging mit 5 Geboten für dumpingmäßige 5,56 + Versand weg. Schade, ich hatte letzte Woche 80 Cent mehr bezahlen müssen, hatte dafür aber weniger Versandkosten.
Nr. 2; dunkelgrau, schwarz, 10 Gebote, 15,50 + Versand, das ging ja noch, vertretbar.
Jetzt aber, bei Nr. 3;  silbrig, dunkelrot, gold, gab's 13 Gebote und einen sich gewaschen habenden Preis von 42,50 + Versand.
Dieses Preiswunder wurde aber noch getopt, weil die Schachtel mit rot, gelb, gold(ig) mit 17 Geboten einen Preis von 61,00 + Versand brachte. Das ist fast das Doppelte des Ladenpreises. Dafür könnte ich die begehrten Röllekens bei einem der feinsten Buchbinderbedarfslieferanten, Hewitt in London, bestellen und mir per Luftpost liefern lassen. Ich frage nur, was soll's.
Nun habe ich zufällig ergoogelt, dass es auch in Japan buchbindegeeignete Knopflochseide gibt, Kanagawa heisst die Marke und die Firma zeigt sehr schöne Farben. Ich habe mal in meinem allerbesten Schulenglisch hingemailt und hoffe auf Antwort, ob und wo es die kostbaren Fäden in Europa zu kaufen gibt. Wer weiss da evtl. mehr?


Sonntag, 24. Januar 2010

Noname book vom Feinsten

Zu den Zeiten als ich noch wohlbestallter PR-Funktioner in einem mittelständischen Pharma-Unternehmen war, mussten wir den Kostengöttern die Hausdruckerei opfern. Alle Mitarbeiterinnen u. Mitarbeiter, bis auf einen wahrhaft Unvermittelbaren, konnten wir in regionalen Grafischen Betrieben unterbringen! Nachdem alle Menschen vertrieben und die Maschinen demontiert waren, blieben noch der Bleisatz, der sachgerecht entsorgt wurde, weil ihn niemand geschenkt wollte, und das Papierlager übrig. Alle geriesten Papiere hat ein strahlender Mitbewerber aufgekauft. Alle Klein-Reste wurden zwischen einer Kollegin, die auch Bücher band, und mir aufgeteilt. Dabei fand ich einige wenige schöne Raritäten. Aus einem kleinen Stapel Blankobögen habe ich dieses Skizzenbuch gemacht.

Ich nenne es das ‚Namenlose’, denn es könnte auf Wunsch noch eine Titelprägung bekommen. Technische Daten: Buchblock aus 110 g/qm Hammermühle (Wasserzeichen), matt, chamoix, 19 x 19 cm, auf drei Bänder fadengeheftet, extraschmaler, gerader, feingenarbter weinroter Lederrücken, weinrotes Iris als Bezug über 1,5 mm Maschinenlaufpappe, Vorsätze aus mauvefarbenem Fabriano. Das Skizzenbuch lässt sich flach aufschlagen und ist natürlich auch als ‚Reinschreibbuch’ geeignet. Haben Sie schon einmal das besondere Vergnügen genossen, mit einem richtigen Füller und richtiger Tinte auf einem Hammermühlenbogen zu schreiben? Nein? Da fehlt Ihnen etwas.
Wg. allersparsamsten Materialeinsatzes mache ich auch einen günstigen Preis, yavol!
=> Das Skizzenbuch habe ich meinem Online-Freund Ralf reserviert, der mir als Gegenleistung … äh, ja, das wird eine eigene Geschichte, die ich aber erst dann freilassen möchte, wenn sie spruchreif ist. Es hat auf jedenfall etwas mit - Überaschung! - Büchern zu tun.