Bei diesem Buch musste ich einfach schwach werden: «Alexander Braun, Jahrhundert der Comics - Die Zeitungs-Strip-Jahre» (243 S, 25 x 31,5 cm), farbig gestalteter Hardcover-Einband mit wunderschönen Vor- u. Nachsätzen, sauber typografiert und klasse layoutet, bestens gedruckt und, ja, sehr gut eingebunden. Alles in allem ein Ausstellungskatalog, der in vielen Handbibliotheken seinen Dauerplatz bekommen wird.
In kleinen Bildern und auf ganzen Seiten oder in den berühmten ‚Strips’ der Wochenendbeilagen, die Comics hatten es bei uns nie besonders leicht, als eigenständige Kunstform anerkannt zu werden. Und was haben sich (ich bin Jahrgang 46 und weiss wovon ich schreibe) meine Altvorderen in Familie, Schule und Pfarrgemeine aufgeregt, wenn es um Comics ging. Wie haben Lehrer, Bibliothekarinnen und ähnliche voll beamtete Kulturträger meiner Kindheit hasserfüllt gegen die „Groschenhefte” vulgo Comics gewettert.
Tatsache ist, dass meine Eltern kein Geld für ‚Drucksachen’ hatten, also wurden Bücher in öffentlichen Bibliotheken ausgeliehen. Natürlich gab es dort keine Comics, da konnte der allgegenwärtige Bedenkenträger sicher sein. Dafür aber gab es in der Pfarrbücherei Bücherserien, die nach dem Motto ‚search & find” ediert worden waren: „Suche Hitlerjugend & Bund Deutscher Mädchen und ersetze durch Pfadfinder, Wandervögel, Messdiener etc.” Diese und ähnlich piefig-miefige Buchreihen, erstanden aus Nazi-Stehsatz, haben mir schon als Pennäler manchen Büchereibesuch verleidet.
Doch es gab auch Lichtblicke, denn im Kölner Amerikahaus (mittlerweile geschlossen) lagen all die streng verbotenen Druckwerke herum, frei verfügbar, herrlich.
Die inzwischen tröpfelnd auf den Markt gekommenen deutschen Comics konnten dem Material im Amerikahaus nicht wirklich das Wasser reichen. Nick Knatterton, Sigurd, Tarzan, ne, ne, die fand ich überhaupt nicht lustig und sie waren viel zu akademisch gezeichnet. Reinhold das Nashorn vielleicht, und Lurchi Salamander, die machten Spass. Über den Mecki hinten auf der Hör-Zu konnte ich überhaupt nicht lachen. Donald-Duck und Mickey Maus kosteten viel Geld, sie wurden deshalb als abgewrackte, eselsohrige Ruinen heimlich weiterverliehen - es durfte ja von den Alten niemand wissen.
Lange Rede kurzer Sinn, greifen Sie zu, das Buch kostet kein Vermögen (34,50 € incl. Versand) und ist im Museum Huelsmann/Bielefeld zu haben. Die Ausstellung läuft dort bis Anfang April, dann wandert sie bis Juni 2009 nach Dortmund in den RWE Tower und ist von Januar bis März 2010 in der Galerie der Stadt Remscheid zu besuchen. Vielleicht treffen wir uns da? Bis dahin tröstet mich das neue dicke Buch, für das ich mein Gelübte gebrochen habe, nur noch Bücher über Bücher zu kaufen. Ich habe den Entschluss, ein Buch über Comics zu kaufen, nicht bereut.
Bildquelle: Klaus Schwerwinsky