Sonntag, 16. August 2015

Cologne Book Art — Japanischer Holzschnitt

Der Samstagnachmittag ist, wenn man weiß, wo was stattfindet, ein angenehmer Zeitraum, um sich in der regionalen, unabhängigen Kulturszene zu tummeln.
Das Kölner Rheinufer hat sich in den vergangenen 20 Jahren sehr gemausert. Aus einem vernachlässigten Schmuddelquartier entstand ein schönes Vorzeigeprojekt mit modernisierten alten Lagerhäusern und famosen Neubauten.

Vom Schmuddel zum Glamor —Rheinufer reloaded
Im Schatter der Kranhäuser entstand und lebt in einem alten Gemäuer das Künstlerhaus „Rhenania”. Dort veranstalteten einige Interessierte die „Cologne Book Art”, eine Veranstaltung, die (noch) ohne die etablierten in Köln und Umgebung ansässigen Großmuftis der Verleger- und Händlerzunft auskamen. Neben einfachen, handgemachten Publikationen (eine Lage getackert) fand ich kleine, feine Drucksachen, durchaus in Sammlerqualität was Inhalt und Haptik anlangte. In einer Ecke der alten, weißgetünchten Lagerhalle habe ich ein wohlsortiertes, angenehm präsentiertes Sortiment antiquarischer Künstlerbuch-Trouvaillen, Poster und Ephemera entdeckt. 
Der Cologne Book Art ist zu wünschen, dass mehr von den leidenschaftlichen Autoren, Gestaltern, Druckern und Verlegern  (Frauen wie Männern) sich ein Herz fassen und an einem der Tische ihre  Ideen, ihre unikaten oder multiplen Produkte nicht nur den bereits bekannten Insidern präsentieren. Platz dafür ist noch vorhanden. 


Cologne Art Book im Künsterlaus Rhenania
So groß war der Wechsel der Kulturen gar nicht, habe ich mir auf dem Heimweg gedacht. Denn von den individuellen Klein-Verlegern zum Japanischen Holzschnitt war es ein Fußweg von 20 Minuten durch das alte urkölsche Severinsviertel, an dessen Rand das Japanische Kulturinstitut TENRI seine Ausstellungs- und Veranstaltungsräume unterhält.
Eingeladen wurden wir zu einem Vortrag von Tatsuo Kawashima (Kyoto), einem Holzschnittmeister, dessen Arbeiten erstmalig in Europa im TENRI ausgestellt werden. Diese Arbeiten üben auf  den Liebhaber europäischer moderner Kunst einen eigenartigen Reiz aus. Es sind farbig sehr japanisch gestaltete Blätter, deren Druckstöcke, manchmal sind es 25 Stück für ein Blatt, nach den alten traditionellen Ukio-e Techniken geschnitten und gedruckt werden; jedes Blatt einzeln in großer Ruhe und feinmotorischer Gelassenheit.
Demonstration der Kunst, auf kleinstem Raum Farbholzschnitte zu drucken.
Und alles, was man dazu braucht. liegt vor Meister Kawashima: Klein, fein, exklusiv.
Meister Kawashima erklärte den komplexen Schnitt- und Druckvorgang in wohlgesetzten Worten, unterstützt, übersetzt und interpretiert vom Chef des TENRI und von einem weiteren Dolmetscher. Beiden Herren war leider nicht bewusst, dass jeder Arbeitsschritt, jedes Druckdetail und auch jedes Werkzeug des Ukio-e einen eigenen Namen hat, den allerdings nur diejenigen kennen und zu deuten wagen, die sich bereits im japanischen Kunsthandwerk auskennen. Mein Erstaunen galt dem großen  Interesse am japanischen Holzschnitt, immerhin waren rund 50 Menschen zu dem Vortrag erschienen. Auch hier war die Zielgruppe überschaubar, Insider auch hier.