In einem hübschen youtube-Film erläuterte und zeigt der sehr kenntnisreiche Chef eines amerikanischen Papierrestaurierungsbetriebes, wie ein Karibari gebaut wird. Es ist ein ambitioniertes Stück Arbeit mit einer jahrhundertealten Tradition. Ein weiterer Beweis, dass die so leicht und einfach daherkommenden Lösungen es wirklich in sich haben können.
Ein Karibari ist ein Lattengerüst, idealer Weise aus japanischer Zeder gefertigt und mit Bambus-Keilchen zusammengehalten. Das Gerüst wird, je nach Schule, mit mindestens fünf, gerne auch mit bis zu neun Schichten feinsten Washis bezogen, mal großflächig, mal kleinteilig. Und schließlich mit Kakishibu, einem Fermentationssaft aus unreifen japanischen Kaki-Früchten oberflächenbehandelt. Was mich besonders faszinierte, waren die wenigen Zutaten zum neuen Arbeitsgerät: Ein paar Holzlatten und Splinte, ein paar Bögen Washi, Shofu-Kleister und Kakishibu-Saft. Das war's.
Im Film nennt der Restaurator japanische Papiere, die ich unter seinen Bezeichnungen nirgendwo, auch nicht in Japan gefunden habe. Vor seinen Begriffen (brands, regionale Spezialitäten, Händlerbegriffe etc.) musste selbst eine kundige japanische Mitarbeiterin bei einem der namhaften Washi-Hersteller passen.
Ende letzten Jahres erhielt ich aus Weißenburg i. B. persönliche Notizen und eine schwedische, aber verständliche „Bauanleitung” von einer studierten Restauratrin, im Netz „papierfrau” genannt; und in Mailand fand sich ein Lieferant für das Lattengerüst und für Kakishibu. Nach Italien kam ich, weil japanische Unternehmen in der Mehrzahl höchst ungern nach Übersee liefern.
Das benötigte Washi fand ich in Deutschland bei der alt-eingesessenen Firma Japico. Aber bestellen konnte ich erst, nachdem ich mit Sorgfalt den dankenswert transparenten Bericht von einer Veranstaltung in Dublin, im Chester Beatty Institute zum Karibari verinnerlicht hatte. Ein paar zusätzliche, nützliche Infos sowie noch mehr Motivation bekam ich von einer der Restauratorinnen dort, Louise O'Connor, die ich 2011 in Montefiascone kennengelernt hatte.
Ich fasse zusammen: Ich habe mich strikt an die Empfehlungen aus Bayern und aus Irland gehalten. Wichtig war auch ein Hinweis, dass jeder einzelne Schritt eine längere Trockenzeit braucht („let dry over night”). Was mir gelegentlich abging waren mehr Erfahrung mit Washi und Jin Shofu, der wg. seiner doppelten Rektifizierung ungeahnte Mengen an klebrigstem Kleber ergab. Eine gelegentlich helfende Hand wäre auch nicht schlecht gewesen, gab es aber nicht.
Und dann die Wunderdroge Kakishibu. Nach jeder aufgepinselten Schicht durchzog meine Behausung ein zarter Duft nach Kuhstall-Frühstück. Der Kaki-Saft-Duft war dem der fermentierten Rübenschnitzel, die in der Rheinischen Tiefebene - vornehm als Silage bezeichnet - an die Kühe verfüttert werden, ziemlich nahe, allerdings wesentlich zarter, lag aber tagelang in der Luft.
Karibari ruht nun („let dry for 2 to 3 month”) im Dachgeschoss und der produktive Herbst kann kommen.
Karibari-Grundgerüst, Vorderseite 1x bezogen, Tengujo (12g/qm) |
Karibari, Vorder-u.Rückseite mit je 5 Schichten Washi bezogen |
Die finale Oberflächenbehandlung mit Kakishibu auf der Terrasse |