Freitag, 1. August 2008

Bradel et.al.

Die Fachsprache der Buchbinder ist IMHO überhaupt nicht global. Da verbalisieren die verschiedenen „Buchbinde-Schulen” munter aneinander vorbei, penetrieren das Vokabular ihrer jeweiligen Buchbinde-Gurus und parlieren,  patriotisch bewegt, mit fremd klingenden Vokabeln. Die verschiedenen „Schulen” decken sich meist mit den „Sprachschulen”, will sagen „Sprachkulturen”. Ausnahmen davon sind die online verbundenen Amateur-Buchbinder, die sich redlich mühen müssen, in diesem ‚Krieg der Wörter’ ihren persönlichen Überblick zu gewinnen. 
Ich schau mir an erster Stelle, natürlich, die Buchbinderschule des deutschsprachigen Raumes an, dann eine des englisch-/amerikanischen, eine des französisch-/italiänische, teilweise des spanisch-/portugisischen Sprachraumes an, wie die Begrifflichkeiten uns grenzüberschreitende Amateure wirren. Vielleicht findet sich ja gelegentlich ein hyperfleissiger Mensch, der die (gedanklich) divergierenden Begriffe der einzelnen Sprachräume einmal wertneutral gegenüberstellt. 
Heute also aus aktuellem Anlass …
[Quelle: http://palimpsest.stanford.edu/don/dt/dt0459.html]
Bradel binding
A type of binding having a hollow back, and not unlike a library binding, except that it is considered to be temporary. The style was originated in Germany by Alexis Pierre Bradel, also known as Bradel l'ainé, and also as Bradel-Derome, son-in-law and successor to Nicholas-Denis Derôme. The style was taken to France sometime between 1772 and 1809. Bradel bindings generally have split boards into which are attached the extensions of the spine lining cloth. The edges are uncut, sometimes with the head edge being gilt. They generally have a leather or linen spine. In France the style was known as "Cartonnage à la Bradel," or as "en gist."

[Quelle: Gustav Moessner, Hans Kriechel; Buchbinder ABC, Zanders, Berg.Gladbach 1981]
Bradel, Alexis, Pierre
Französischer Buchbinder, der 1722 die Meisterprüfung ablegte. Er entwickelte die einfachere Technik der «Cartonage á la Bradel», die einen Kopfgoldschnitt mit bestochenen Kapitalen erhielt und nach weiteren Vereinfachungen Vorläufer der Bücher mit => «gebrochenem Rücken» wurde. Seine »Cartonagen» wurden in Deutschland um 1870 bekannt.
Gebrochener Rücken
Deckel und Rücken bestanden ursprünglich aus einer dünnen Pappe, an die die Rückenbreite und die Gelenke angebrochen wurden; daher der Name «Pappband»; als dickere Pappen benützt wurden, wurde die Rückeneinlage auf dünnen Karton geklebt, an den Fälzen gebrochen und auf den Buchblock herübergezogen, danach die Deckel aufgesetzt.
[Quelle: Sün Evrard, Annie Persuy; Handbuchbinden in Frankreich]
Der Bradel-Einband
Bradel-Einbände tragen den Namen eines Buchbinders aus dem 18. Jahrhundert, der diese für provisorische Einbände verwendete. Ihr Hauptmerkmal ist der zwischen Rückeneinlage und Pappdeckel belassene Hohlraum bzw. Falz (frz. genannt: "gorge"). Die Heftkordeln oder die Fäden, die zur Heftung dienen, sind in den Rückefalz und auf das fliegende Blatt geklebt und nicht durch die Pappdeckel gezogen. […] Die Pappdeckel und die Rückeneinlage werden auf das Überzugmaterial geklebt. Man schlägt ein und klebt das Ganze auf das vorbereitete Buch.  […] Diese Technik ist eher als Kartonieren denn als Buchbinden zu bezeichnen und wird häufig von Anfängern gewählt. Zu Unrecht, wie wir glauben, denn ein gelungener Bradel-Einband verlangt Geschicklichkeit und Erfahrung. […]

Persönliche Anmerkung: Also binde ich, als Anfänger mit ‚Geschicklichkeit’ und mit über 20 Jahren ‚Erfahrung’ - Bradel in verschiedenen Varianten, obwohl mir das nie jemand so klar gesagt hat. Das mit dem ‚Franzband’ folgt dann im Herbst und den mir noch verbleibenden restlichen 20 Jahren. =:-0