Samstag, 28. November 2015

Ist das Kunst oder gehört das gebunden?

Paul Renner — Künstlerbuch
»Abfall De-Luxe«
Katalog 8 Antiquariat Clemens
Paul Renner — Künstlerbuch
»32 meist sonderbare Pilze«
Katalog 8 Antiquariat Clemens

Der österreichische Künstler Paul Renner (geb. 1957) ist ein überaus aktiver Mensch, mit zahlreichen Werken in Museen und Sammlungen. Er ist im transatlantischen Kunsthandel vertreten mit Zeichnungen, Kollagen, Objekten, Vorträgen, Veranstaltungen, Arbeiten auf Leinwand, Papier, Pappe, Linoleum, Teppich, Ton, Brettern, Bauplatten usw. usw. und, natürlich, mit „Kunst(objekten) in Buchform”.
Das Buch-und-Kunst-Antiquariat Werner Clemens, in erster Linie auf die Literatur der Moderne der 60er, 70er und 80er Jahre, die Wiener Aktionisten und Konkrete sowie Experimentelle Poesie spezialisiert, bietet in seinem Katalog No. 8 rund 60 Werke von Paul Renner an. Darunter fand ich, neben einigen starken Bildern und Zeichnungen einige wenige aufmerksamkeitsstarke „Kunstobjekte in Buchform”. Darüber hinaus hat Renner gerne  individuell gestaltete, großzügig ausgeführte, mehrfarbige Einschläge entworfen. Damit hat er industriell gefertigte Bücher und Kataloge „aufgepimpt” und zu hübschen Sammelobjekten gemacht.
Warum ich mich in Bezug auf seine „Buchobjakte” so gewunden ausdrücke? Das liegt schlicht daran, dass ich mich, auch als Amateurbuchbinder, gerne an die global geltenden Definitionen für Bücher halte. Trotz und alledem, begeisterten mich Renners „Buchobjekte” nicht wenig, nachdem ich vor den buchbinderisch notwendigen Standards fest die Augen verschlossen halte.
Der Mann nutzt, nicht nur bei seinen dreidimensionalen, umblätterbaren Objekten erbarmungslos alles, was ihm unter seine Künstleraugen kommt: Farben, Textilien, Klebstoffe, Klebebänder, Andrucke von Werbekatalogen, Ephemera, nichts ist ihm zu bescheiden oder zu extrem. Er unterwirft schier alles seinen künstlerischen Zielen.

Beispiel 1:
»Abfall De-Luxe«
Das ist ein Künstlerbuch von 1985 mit handschriftlichen Texten, Zeichnungen, Gouachen und Collagen auf einem Katalogprospekt. Der Folio-Einband wurde ebenfalls vom Künstler gestaltet. Auf dem Vorsatzblatt machte er handschriftliche Erklärungen, signierte und datierte; ein Unikat. Renner hat Hartkartoneinband  mit Textilklebeband eingefasst, mit montierten, farbig übermalten Siebdrucken, 28 nicht nummerierte Seiten mit farbigen Abbildungen.

Beispiel 2:
»32 meist sonderbare Pilze u.a. Gewächse wie Funghi molto volgari«
Das Antiquariat Clemens bietet dieses Buchobjekt, Nr. 13 von 32 nummerierten und signierten Exemplaren mit einer lose beiliegenden farbigen Original-Zeichnung an. Renner hat einen handgefertigten Kalbsledereinband mit Acryl, Tusche und Bronzefarbe bemalt. Das Buch enthält 32 Farb-Faksimiles, auf schwerem Aquarellpapier montiert und ebensoviele Pilzbeschreibungen.

Bei Interesse bitte eine Email an Antiquariat Werner Clemens.

Donnerstag, 26. November 2015

Ein Recycling-Buch oder: Alles Reste oder was

Während meiner Zeit in der Behindertenwerkstatt, einem veritablen Grafischen Betrieb, kam ich - Zufall oder auch nicht - mehrmals am Tag an der Sammelkiste des Papierschneiders vorbei. Dabei fand ich gelegentlich Papier- und Pappabschnitte, die ich vor dem gierigen Schlund des Altpapierhändlers „retten” konnte. Weil das abgegebenen „gute” Abfallpapier nach Gewicht abgerechnet wurde, entstand der Werkstatt ein Schaden im Rahmen von wenigen Cent. Doch für den Amateur-Buchbinder waren die kleinen Beutestücke unbezahlbar. Daraus und den schönen Resten aus der Sammelkiste für Leinen und Leder, die sich im Laufe eines 30jährigen Amateur-BuBi-Lebens ansammelten, wurde dieses „Müllbuch” gebaut.
Den Block habe ich aus 70g/qm Fein-Schreib-Chamois geheftet, Vor- und Nachsatz stammt von dem leider nicht mehr aktiven Buntpapierer Salmen aus Bonn. Den Einband baute ich aus 1,5 mm Maschinenlaufpappe, bezogen mit der Deckschicht eines lebensmittelechten Versandkartons. Durch trickreiches Beschneiden wurde daraus dann ein personalisiertes Schreibbuch, mit dem ich mich für einige gute Tips und Tricks in Bezug auf ein paar meiner geheimen Privatprojekte bedanken konnte, ganz davon abgesehen, dass dadurch auch ein ordentlicher Umsatz generiert wurde.

Ein „eisiges” Recycling- und Resteverwertungsbuch

P.S.: Die nach einem 10 min. Wasserbad abgelöste Deckschicht eines Versandkartons
von guter Qualität  lässt sich ganz hervorragend kaschieren.