Donnerstag, 25. September 2008

Reparatur: Kiepert's Handatlas von 1871







Meinem Freund K. habe ich mit der Reparatur seines arg zerfledderten Atlas einen langgehegten Wunsch erfüllen können. Das Riesenbuch (50x32 cm) aus den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts hat ihm in seiner Kindheit über manche Bettlägerigkeit hinweggeholfen: „Ich habe auf den Karten meine ersten Reisen gemacht!” Auf einigen Blättern sind mit hauchfeinen Bleistiftstrichen Routen verzeichnet, beispielsweise nach Afrika. Damit hatte sein Urgroßvater eine große Reise geplant. 
Mit den Jahren und durch den häufigen Gebrauch war das Buch ziemlich malade. Der Rücken war ruiniert, weil er mit einem Stück Stoff und viel Alleskleber bearbeitet worden war. Das Leder vom Rücken und von den Ecken war nicht mehr brauchbar, ich konnte es nicht mehr stabilisieren und habe es ersetzt. 2 Heftbänder (24 mm breit) waren am Rückenansatz abgebrochen. Ich habe Tyvekstreifen „angenäht” und mit den Reststücken verleimt. Warum der alte Buchbinder diese Heftbänder mit einem giftgrünen Stückchen Papier unterklebt hatte, kann ich nicht nachvollziehen. Dann Vor- und Nachsatz angebracht und die Hülse aus einem Büttenstreifen. Die Reste der alten Rückenleimung (Knochenleim plus ein hauchdünnes, brüchiges Blättlein Papier) habe ich abgelöst und mit 3F-Gaze und PVA neu gemacht; die Original-Deckenpappen mit einer kräftigen Schrenzpappe wieder zusammengefügt und in den Scharnieren verstärkt. Schwarzes, feingenarbtes Oasen-Ziegenlamm-Leder mutig gegen Null ausgeschärft und unter dem alten granulierten, gelatinebeschichteten Bezug verklebt. Dieser reagierte durch den mehrfachen Feuchtigkeitseinsatz (Ablösen alt/Aufbringen neu) ziemlich zickig und wurde etwas brüchig. Eingerissene Blätter habe ich mit Japanpapier geklebt, vor allem in Falznähe waren einige Seiten beschädigt. 
Das große Format machte mir beim Einhängen, Abpressen und Trocken Probleme, denn ich habe keine so große Presse. Ich habe mit zugeschnittenen, beschichteten dicken Spanplatten, Schnellspannern und meinen üblichen Steinen improvisiert, was  ein wenig theatralisch wirkt, aber funktioniert hat. 
Schlussbemerkung: Das Buch ist, bis auf ein paar irreparable Kratzer und Farbspritzer, die sich auch nicht mit Akrylfarbe retuschieren ließen, sehr schön geworden. Es ist wieder voll funktionsfähig und repräsentativ.