Mittwoch, 18. Januar 2012

Und was kommt im Neuen Jahr?

Kurz und knapp: Ich habe da ein paar alte Buchschätze, die darauf warten, individuell zu standfesten, lesefähigen Büchern gemacht zu werden. Beispielsweise:

a) Wilhelm Worringer: „Die altdeutsche Buchillustration” (1919, 2. Aufl., zahlreiche frühe s/w-Wiegendrucke, auch von noch früheren Blockbüchern). Der Text ist vor allem Kunsthistorikern bekannt. Alles im Buchdruck auf Maschinenbütten, beraufter Beschnitt, oben Reste von Färbung; Umschlag (bis auf das abzulösende Titelschildchen) unbrauchbar, großes Fehlteil hinten. Beide Scharniere größtenteils gebrochen. Der Rücken Lederimitat, nitrolackiertes, geprägtes Papier mit unlesbarer Titelprägung. Die Heftung ist für mich etwas neues, hab noch nie ein Buch ohne Fitzbünde gebunden. Da ich die vorhandenen Löcher nutze, muss ich mir noch das richtige Heftschema in der Literatur suchen. 3 Lagen sind im Falz ausgerissen, die sich aber gut reparieren lassen. Geheftet war das Buch mit doppelt gelegtem, sehr dünnem Faden. Von den Kapitalbändern fand ich nur noch winzige Reste, ebenso von der Hülse. Geklebt war alles mit Knochenleim über einer dünnen Kleisterschicht.

Gefunden in der dunklen Ecke eines Dresdner Antiquariats.
Wichtig war mir der Hinweis, es sei beschädigt und deshalb günstig zu haben. 

b) „Shakespeare Sonette in der Übersetzung von Karl Lachmann”, Berlin 1820.
Im Januar kann man in Bonn-Beuel, im sog. Brückenforum gut Geld loswerden, dort findet eine kleine, feine Antiquariatsmesse statt. Für BuBis gab es diesmal nicht viel zu holen, ausser völlig überteuerten, gut gebrauchten Exemplaren der bekannten Jahrbücher von Designer Bookbinders. Meinem Freund Werner [ http://www.buch-und-kunst.de/ ] habe ich dann ein merkwürdiges, kleinformatiges Büchlein abgekauft, eben diesen Shakespeare. Leider fehlt ihm fast die gesamte Titelei, aber sonst ist alles dran. Der Buchblock (oben beschnitten und rechts und unten  Originalränder vom handgeschöpften Bütten, leider sehr gedunkelt), macht aber generell einen soliden Eindruck. Eingebunden wurde der Block vor noch nicht allzu langer Zeit von einem typisch deutschen (Liebhaber-?)Buchbinder: Schöner, sorgfältig gemachter Halbledereinband, wenig schief nur, braun genarbtes Leder mit passendem Römerturm-Bütten bezogen, goldgeprägter Rückentitel und echte (!) handgestochene Kapitel. Der Pferdefuß: Als Ersatz für den fehlenden Titel nebst Frontispiz hat ein Vorbesitzer mit Füller und blauer Schultinte alles auf den vorderen Vorsatz geschrieben. Sieht nicht wirklich gut aus. Was würden Sie tun? Alles neu, alles lassen? Versuchen, vorderen Vorsatz zu lösen, zu erneuern, dann wieder einhängen? Vorher versuchen, eine Kopie der Original-Titelei suchen und vorkleben?




Ach und da wäre noch c), der Hans Fürstenberg: „Das französische Buch im 18. Jahrhundert und in der Empirezeit”. Dazu gestatte ich mir einen kurzen Tagtraum und stelle mir vor, wie sich einer der Mitglieder der erlesenen Bibliophilenrunde „Maximilian-Gesellschaft” beim Überreichen seiner Rohbögen in der Bibliothek des Autors (1929/1930) im Geiste ausgemalt hat, wie sein Buchbinder dieses großformatige Werk einbinden wird. Fürstenberg, 1890 in Berlin geboren, war Bankier, Schöngeist, Sammler u. profunder Kunsthistoriker, der vor den Nazis nach Paris emigrierte und später im Schloß Beaumesnil residierte. Ich glaube da sind auch Teile seiner legendären Buchsammlung zu bewundern.
Mein „Stück” ist nicht nummeriert.