Samstag, 28. März 2015

Aldinen und ein auf blau gedruckter Foliant

Neulich hatte ich die besondere Gelegenheit, mir in einer wunderschönen Privatbibliothek einige Aldinen anzuschauen und, das war mir wichtig, einige „breitrandige” Exemplare zu vermessen. Denn, wie schrieb einer der überaus gelehrten englischen Autoren, H. G. Fletcher III, 1988 in seinem Buch „New Aldine Studies” sinngemäß, dass nur sehr wenige Aldinen im Original-Octav-Format überlebt haben, weil doch die Buchbinder „woefully” die Buchblocks ohne Erbarmen beschnitten hätten. So manches der kleinen, feinen Bücherlein des Herr Aldus Manutius erlitt dieses Schicksal gleich mehrfach. Also habe ich gemessen und bin zufrieden, da ich mich für das geplante Aldus-Manutius-Projekt in Montefiascone ein wenig vorbereiten konnte. 
Darüber hinaus begeisterte mich der Sammler, der mir dankenswerter Weise seine Schätze ausbreitete, durch sein Wissen und seine Art, mich auf ein paar Feinheiten hinzuweisen. Mir fielen - neben anderem, buchbinderisch speziellem, zwei kuriose Details auf. Ich sah ein paar wenig beschnittene Aldinen, die von einem ihrer Leser/Besitzer von Hand, mit spitzer Feder und schwarzer Tinte paginiert worden waren. Das erstaunte mich schon. Dann fand Ich eine Ausgabe, ebenfalls von Hand paginiert, aber anders als es schon lange weltweiter Standard ist. Wir paginieren rechte Seiten (Schöndruck) ungerade und linke Seiten (Wiederdruck) gerade. Dieses  Exemplar war fortlaufend oben rechts auf der rechten Seite paginiert. Es war nach Seite 1 nicht die linke Seite mit  2 sondern die nächste rechte Seite nicht mit  3 sondern mit 2 paginiert. Verwirrend.

In einem anderen Exemplar fanden wir eine Paginierung auf dem Kopf stehend, Seite 67, 68, 96, 70. Ein kleiner Schelm, der inkunable Herr Sezzer aus dem Hause Manutius.

Dann tauchte eine Frage auf, die ich mir nicht beantworten konnte, als ich erstaunt in diesem Folianten blätterte
LE RIME DEL PETRARCA BREVEMENTE ESPOSTE PER LODOVICO CASTELVETRO EDIZIONE CORRETTA ILLUSTRATA, ED ACCRESCIUTA, TOMO PRIMO. IN VENEZIA, MDCCLVL (1795)
PRESSO ANTONIO ZATIA. 

Doch bevor Teufel Fliegen frisst, greift er zum Handy.
Deshalb bitte sich den Rotstich wegzudenken …

Der Foliant hat einen Buchblock, gedruckt auf ein wunderbar plan liegendes blaues Papier, einem modernen Tosa-Bütten nicht unähnlich. Vor- und Nachsatz waren aus belanglosem vergilbtem Papier gemacht. Das Blau des Blocks  ähnelt edelalten, ausgewaschenen Jeans. Ich kannte die Farbe von den Skizzenbüchern des Herrn Turner aus „Kattunpapier”, die in weiches Leder gebunden waren. Turner, so ist dokumentiert, skizzierte seine Rhein-, Mosel- und Ahr-Tal-Ansichten während des Gehens und rollte nach angemessener Trockenzeit seine Skizzenbücher ein, verschnürte sie und versenkte sie im Gepäck. So fand ich Beispiele vor Urzeiten in einer Ausstellung auf der Festung Ehrenbreitstein oberhalb von Koblenz.

Nun meine Frage: 
Wer weiss wann die ersten Bücher auf blaues Papier gedruckt wurden? 
Oder: Kann mir jemand einen Tip geben, wo ich diese Frage platzieren kann, um eine gesicherte Antwort zu bekommen?

5 Kommentare:

Peter D. Verheyen hat gesagt…

Leider ohne Abbildungen...

http://cool.conservation-us.org/coolaic/sg/bpg/annual/v12/bp12-02.html

Papierfrau hat gesagt…

Also wenn ich ein Buch ohne Seitenzahlen zu zerlegen habe, dann schreibe ich vorher die Zahl mit Bleistift auch nur auf das rechte Blatt. Man nennt das dann *foliieren* - beidseitig heißt es *paginieren*.
Gruß Papierfrau

pzillig | vuscor hat gesagt…

Ja, mit weichem Bleistift die Reihenfolge markieren, ok., das kannte ich schon. Was ich aber nicht kannte, war, dass es dafür einen eigenen Begriff gibt. Ha, wieder was gelernt :D

pzillig | vuscor hat gesagt…

@ Peter: Die Abbildungen habe ich über facebook von Rainer Friedrich Meyer bekommen: De re rustica. Aldus, 1514. Abb. 5 in "In Praise of Aldus Manutius. A Quincentary Exhibition". Cf. Renouard 66,2.
Ein schönes, seltenes, sauteures Buch. Aber es gibt wohl einen TB-Reprint, den ich bestellt habe. Schaunmermal.

pzillig hat gesagt…

Liebe Leute, nun habe ich mal für ein paar Minuten die „Hasskappe” aufgesetzt: Wie berichtet, habe ich mir den Reprint bestellt. Das ist vielleicht ein Sch*****teil, weil es die miese Kopie von der schlechten Kopie einer einer verpixelten Vorlage ist. Es ist der größte Teil nicht zu lesen, auch nicht mit Lupe. Bah. Beschiss ist das. :(