Dienstag, 9. April 2013

papiers dominotés — Buntpapier


Liebe Leser_Innen: 
In der offiziellen Ankündigung der Ausstellung, die ich Ende Mai in Paris (Bibliotheque Mazarine) besuchen werde, lese ich folgendes: »À la croisée de l’imagerie populaire et des papiers de tenture, un foisonnant univers graphique a vu le jour dans les ateliers des cartiers, dominotiers et graveurs d’images entre 1700 et 1850.« Ich ‚verstehe’ den Sinn (bin net deppert), OBWOHL ich den Text durch das subgeniale Übersetzungsprogramm von google laufen ließ: »An der Kreuzung der populären Bildern und Tapeten wurde ein reich grafischen Universums in den Werkstätten von Cartier, dominotiers Bilder und Schriftsteller zwischen 1700 und 1850 erstellt.” Ach, Herrjeh! Wenn es ja nicht so traurig wäre, könnt ich mich weglachen.
Neugierig geworden ob der Tatsache, dass ein ‚modernes’ Übersetzungsvokabularium keinen deutschen Begriff für ‚dominotiers’ oder ‚papiers dominotiers’ besitzt, wollte ich mehr wissen. Meine verstorbene Frau, eine studierte Romanistin, hat mir einen mitgenommenen Sachs-Villatte von 1917 hinterlassen. Darin finde ich „dominoterie” – 1. Verfertigung bunten, türkischen (d. i. mormoriertes) Papiers. 2. Bilderbogen, Handel mit Bilderbogen.
Und dann: „dominotier” – 1. Fabrikant und Händler von Bilderbogen oder Dominospielen. 2. wilder Pflaumenbaum. Was mich darüber phantasieren lässt, wie wild wachsende Pflaumenbäume zu Dominosteinchen oder Druckvorlagen verarbeitet wurden.
Und das ganze stammt von dem schönen Wort „domino” (dominus/Herr) ab. Ich zitiere: 1. Kostüm für Kostümball, 2. Person mit Maske (daselbst), 3. Dominospiel, 4. Dominostein, 5. mormoriertes, türkisches Papier, 6. Winterchormäntelchen der Geistlichen.
Und was ist mit „cartier”? Da wirft der Google nur den Jubellier und Schanduhrenmachen für Millionäre aus. Der olle Sachs-Villatte ist da besser: „Cartier” – 1. (Spiel)Kartenmacher, 2. Kartenhändler, 3. Einwickelpapier (der Spielkarten).
Und nun noch „graveur”, dessen Bedeutung ist mir - schon aus rein beruflichen und buchliebhaberischen Gründen klar. Warum der mit „Schriftsteller” übersetzt wird, jedoch nicht. Hätte wenigstens, der Ehre wegen, ‚Schriftstecher’ da gestanden. Doch Sachs-Villatte vergisst keinen: „graveur” – 1. Stecher, Graveur. Und mit verschiedenen, präzisierenden Zusätzen kommen dann übersetzt: „Stahlstecher, Holzschneider, Petschaftsstecher, Münzstempelschneider, Stempelschneider, Kupferstecher, Radierer, Notenstecher”. Auf die Ausstellung in Paris mit den zahlreichen, bis heute nicht öffentlich zugänglichen Musterpapieren freu ich mich schon heute und erhoffe mir einiges an neuem Wissen zum „Kulturgut Buntpapier”.

Nachtrag: Ein französischer Sammler hat seine Kostbarkeiten fotografiert und auf picasa online-gestellt. 

2 Kommentare:

Klaus hat gesagt…

Lieber Peter, es gibt ein viel besseres Lexikon: Aber jetzt kommt es, die wissen es auch nicht. Schlimm. Danke für die kleine Geschichte.

Klaus hat gesagt…

das Lexikon heißt, ich habe das im Kommentar vorher nicht richtig geschrieben, es heißt: dict.leo.org