Donnerstag, 25. März 2010

Aus Liebe zum Buch: DIY versus WTF

Vor ein paar Jahren bat mich ein Bekannter, eines seiner Lieblingsbücher aus fernen Jugendtagen „so nett einzubinden, dass es in meine Bibliothek passt.” Nu, ich habe zugesagt. Also brachte er mir sein Opus magnus vorbei. Das waren rund 300 Einzelseiten, die er sich mit Sorgfalt und scharfer Klinge aus einem damals gängigen Jungendmagazin über Jahre herausgetrennt, auf Format geschnitten und mit einer mindestens 5 - 6 mm dicken Schicht P****x-Kleber  „gelumbeckt” hatte. Daraus habe ich ihm ein richtiges, schönes  Buch in dunkelgrünem Leder gemacht. Frage nicht!
Auch wurden mir Bücher zum Herrichten vorgelegt, die waren nicht nur mit T***film, Isolierband, Gaffertapes, Kreppband wild „repariert”, zusammengeklatscht worden, nein, ganze Rücken waren durch Wellpappe und Stücke von Pralinenschachteln sowie glatte und strukturierte D***x-Fetzen ersetzt worden. Merke: Alte Bananenkartons stinken nach überreifen Bananen selbst nach Jahren unter schützender Selbstklebefolie.
Auch sehr übel zugerichtet war die dicke Bibelscharteke, aus der ich eine ganze Reihe von liebevoll eingeklebten Baumwollkordeln der Art herausfitzeln musste, mit der man sonst Alben auf japanische Weise zusammenknotet. Die frömmelnde Vorbesitzerin hatte sich mit verschiedenen Farben ihre Lieblingsstellen markiert, also keine Lesebändchen eingeschmuggelt, nein, Kordeln in einzelne Lagen eingeklebt. Mit U*u! Der Horror!


Nun finde ich auf einem Weblog, das ich gelegentlich besuche, weil ich Audras (BuBi-)Arbeit im Wilden Westen sehr schätze, ihr Weblog-Design schön finde, ihre saftige Sprüche goutiere und voller Spannung die Fertigstellung ihrer Buchbinder-Butze (Wespennest genannt) verfolgt habe.
Sie weist auf einen Beitrag bei Instructables, einer der führenden Do-it-yourself-Sites weltweit, hin, wo ein ebenso kreativer wie ahnungsloser Buchbinder-Hobbyist stolz dokumentiert, wie er ein  hübsches Buch im heimischen Bastelkeller hinrichtet und dies „rebinding” nennt. Das muss man, natürlich auch die eingetrudelten Posts, gelesen haben. Der Horror!
Leider besteht bei Instructables die eherne Regel, dass nur „positive” und „konstruktive” Kommentare durchgehen. Solche handwerklichen Affekttäter sollten allerdings so geflamed werden, dass sie ihr Leben lang nie mehr ein Buch anfassen, es sei denn, um zu lernen wie man ein beschädigtes Buch reparieren kann. Lesen Sie, falls es interessiert „Repair an Old Classic Book (rebinding). Der Horror! Lesen Sie auch den ersten Post, der wurde mutig im Wespennest geschrieben. Vielleicht hilft's ja was.

1 Kommentar:

Audra hat gesagt…

Thanks for backing me up on that one. I wanted to go off a bit more, but tried to remain critical yet constructive. I see so many bad repair jobs come across my desk, it's hard to restrain myself. If people just had a little more understanding about book anatomy and function, I think they would appreciate the bookbinder's art a little more. It's all about education!