Samstag, 11. August 2012

Buchbinden ohne Nadel und Faden : Historische Fundsache



Das Suchwort „lumbecken” wird im deutschen Sprachraum gerne synonym benutzt für Klebebindungen und bringt bei google ungefähr 8.890 Ergebnisse (in 0,22 Sekunden). Ohne den Sauerländer Emil Lumbeck gäbe es keine Taschenbücher und auch keine schnell eingebundenen Papierbündel. Herr Lumbeck war Buchhändler und ein begeisterter Büchersammler. Ihm haben wir zu verdanken, dass zartfließenden, edel duftenden Kunstharz-Klebern der Weg weltweit in die Grafische Industrie geebnet wurde. Nach eigenen Worten war ihm das Geknarrze der mit durchgetrockneten Knochen- oder Fischleim stabilisierten Buchrücken ein Graus. Und erst der Gestank beim Erhitzen und Verarbeiten, grauslich. Dann also Kaltleim auf Kunstharzbasis, welche Erleichterung. 
Aber, Freunde, erfunden hat der Herr Lumbeck das nadel- und fadenlose Heften von Papierbögen zu Büchern nicht. Wer wirklich und eigentlich der Schöpfer der peniblen Bindearbeit war, lässt sich nicht mehr dokumentieren. Diese Buchbindetechnik hat viele Mütter, Väter, Tanten und Onkel. Es gibt da divergierende Versionen in national unterschiedlichen Buchbinde-Schulen. Und nun entziffere ich in der digitalisierten Version eines Buches von 1834, erschienen in Ilmenau bei Bern. Friedr. Voigt, dass es schon in den bewegten Zeiten der Aufklärung ernsthafte Versuche gegeben haben muss. In diesem hunderte Seiten starken Werk ist alles zusammengefasst, was sich zum Thema Handwerk - im weitesten Sinne - seit den 50er und 60er Jahre des 18. Jahrhunderts darstellen ließ.
Der Titel lautet: Neuer Schauplatz der Künste und Handwerke. Mit Berücksichtigung der neuesten Erfindungen. Herausgegeben von einer Gesellschaft von Künstlern, Technologen und Professionisten. Mit vielen Abbildungen. Dr. H. (Heinrich) Leng, Lehrbuch der Gewerbskunde.
Auf Seite 341, unter der Rubrik Buchbinden, lese ich amüsierliches:
„Zu den neuern Erfindungen gehört das wohl nicht sehr zweckmäßige Einbinden ohne Nadel und Faden; der Rücken wird etwas tiefer als sonst eingesägt, mit dünnem Leimwasser getränkt, in jeden Einschnitt eine mit starkem Leim bestrichene Schnur gelegt und der Rücken nochmals mit dickem Leimwasser übergangen.” (Anm. pz: Mit Leimwasser meint der Autor Kleister, oder damals auch „Papp” genannt, der in verschiedenen Viskositäten zu unterschiedlichsten Arbeiten benutzt wurde.)
Wer sich für das Original-Werk interessiert, sollte googeln. Entweder beim google kostenlos & digital oder in Echt, dann aber antiquarisch-teuer. Viel Spaß!

3 Kommentare:

Papierfrau hat gesagt…

Ja, Herr Lumbeck hat das Klebebinden nicht erfunden und desswegen ist auch das Wort *lumbecken* eigentlich falsch im Gebrauch. Richtig muß es heißen: klebebinden im Lumbeckverfahren. So haben wir es in der Ausbildung auch gelernt. Die Technik mit dem aufgefächerten Buchrücken, der dann mit Leim bestrichen wird stammt soweit ich weiß vom Herrn Lumbeck.
LG Papierfrau

pzillig | vuscor hat gesagt…

Nachklapp auf Anregung (m)eines Namensvetters: http://tinyurl.com/d9crokw

pzillig | vuscor hat gesagt…

Papierfrau hat einen neuen Kommentar zu Ihrem Post "Buchbinden ohne Nadel und Faden : Historische Fund..." hinterlassen:

Ja, Herr Lumbeck hat das Klebebinden nicht erfunden und desswegen ist auch das Wort *lumbecken* eigentlich falsch im Gebrauch. Richtig muß es heißen: klebebinden im Lumbeckverfahren. So haben wir es in der Ausbildung auch gelernt. Die Technik mit dem aufgefächerten Buchrücken, der dann mit Leim bestrichen wird stammt soweit ich weiß vom Herrn Lumbeck.
LG Papierfrau