Mittwoch, 6. Juli 2016

Legenden revitalisiert

Mea culpa, mea maxima culpa! Ich bin wirklich spät dran. Doch es ist nicht so, dass ich seit dem Jahreswechsel nichts gebuchbindert hätte. Ich habe sogar ziemlich viel gemacht. Das waren  allerdings Bücherlein, die es sich öffentlich nicht zu zeigen lohnt. Ich habe Mini-Notizbücherlein zum Verschenken gebunden, Schreibbücher für meine Theaterpädagogen-Nichte, ein Reisebüchlein für meinen neun Jahre alten Neffen, ich habe Buntpapier gemacht, und ein paar immer wieder aufgeschobene Schuber für meine schönen Jahresgaben der Maximilian-Gesellschaft zusammengeleimt. Genau dabei habe ich gelernt, dass 1 Schuber zwischendurch spaßig sein kann, mehr aber - ich bin Amateur - langweilig ist. Ein Hoch auf den Profi und seine Kleinauflagen.

Dann fand ich auf einem Hinterhof-Buchflohmarkt die ziemlich zerfledderte Ausgabe der „Legenden” von 1909. Mir hat die dem alten Gutenberg nachempfundene zweispaltige Typografie mit der nachgeschnittenen süddeutschen Fraktur gut gefallen. Das Buch wurde für den Diederichs Verlag von der Offizin Drugolin gedruckt. Daraus habe ich dann mein Buchobjekt gestaltet, schließlich war nichts historisch wertvolles vom Einband mehr da, das ich hätte erhalten können.
Das Papier ist stark gebräunt, aber nicht übersäuert, schön weich und nicht brüchig. Der Band war allseitig berauft. Weil der Kopfschnitt furchtbar gammelig war, habe ich dort fein beschnitten. Hellgraues Leder als schmaler Rücken, ebensolches als Kapital. Weil ich Stichlöcher von der Ur-Broschur (1.600 Auflage) und von einer weiteren Heftung vorfand, habe ich zwischen all den alten Löchern meine Bindung auf 2 drei Zentimeter breite, verstärkte Gazebänder fadengeheftet; doppelten Vor-und Nachsatz aus nachtblauem Zerkallbütten (Danke Eberhard!) angepappt, ebensolches auf die Einbandpappen (1,5mm) kaschiert. Darüber zum Schmuck ein hauchfeines altes Baumwollgewebe geklebt, den mühsam aus Stempelgummi geschnittenen Titel gedruckt und mit einem Spezialrezept von R. Green/Wuppertal „matt lackiert”. Und dann noch einen Schuber konstruiert, passend designed.





Leider finde ich immer seltener Buchruinen, 
die ich neu einbinden kann, 
auf dass sie aufrecht im Regal stehen und wieder lesbar sind. 

2 Kommentare:

Christian hat gesagt…

Sehr schöne Arbeit. Besonders die Deckel mit dem Gewebe und dem Titeldruck. Hat der Buchrücken auch ein Dekor?
Gruß Christian

pzillig | vuscor hat gesagt…

Danke für den Kommentar. Nein, der Rücken ist noch unbefleckt, ich habe momentan leider keine Prägebuchstaben, nur Bleisatz, und den auch noch in einer ‚falschen’ Größe. Rücken muss noch etwas warten. ;)