Ein milder Vorwurf meines Freundes E. hält mich an, nach langer Abwesenheit mal ein wenig in eigener Sache zu bloggen. Hier bitte! Ausreden finden sich schnell und sind auch flott formuliert. Tatsache ist, dass es gleich mehrere Gründe dafür gab, das Buchbinden im vergangenen Jahr zu vernachlässigen. Die Pandemie war es nicht.
Es lag daran, dass ich angefangen habe zu radieren und zu drucken. Und ja, ich besitze und nutze nun schon fast 1 Jahr eine kleine feine Radierpresse katalanischen Ursprungs. Kleiner Bericht dazu folgt noch.
Dann musste mein Radierfreund F. aus gesundheitlichen Gründen seine Arbeit einstellen und seine Werkstatt verkaufen. Auch sein Engagement als Vorsitzender der Geschichtswerkstatt Kalk hat er stark reduziert. Einen Teil davon habe ich als sein Vertreter übernommen. Mein ältester Freund W., ein angesehener Antiquar, verstarb plötzlich, seine „Aufträge” für Reparaturen an Büchern, Schubern und Boxen sind mit ihm gegangen; seine Honorierung in gehobenen Rotweinen somit auch. Ende der Klage.
Im Sommer bekam ich Probleme mit meinen Augen. Nach zwei dringend nötigen OPs zum Jahresende bekam ich ein vorübergehendes Lese- und PC-Verbot. Beim Hörbuch-hören schlief ich gerne ein. Also habe ich mich auf meine alte Leidenschaft, das Buchbinden besonnen und aus einem PDF-Download der Gerda-Henkel-Stiftung ein schönes Kunstbuch gebaut, das sich sicher in meinem Regal gut ausmachen wird - abgesehen vom hochinteressanten Inhalt. Die frühen Jahre des letzten Jahrhunderts haben mich schon immer sehr interessiert.
Titel: Das Junge Rheinland;
erschienen 1921.
Die PDFs habe ich digital doppelseitig auf naturweisses Material kopierten lassen, ich hab die Blätter gelumbeckt und eine massive Decke (2mm BuBi-Pappe) drumherum gebaut. Die expressionistische Farbgebung des Originals konnte ich mit gelbem Regentleinen und hochrotem japanischem Maschinenbütten umsetzen. Als ich fast fertig war, las ich, dass der große Graf Kessler seine Weimarer Lieblingsbücher in gelbes Ziegenleder binden ließ. Freute mich zu lesen, aber für mich tut es das Leinen auch. Den gelben Klotz (ca. 30x21x4 cm) einzubinden hat Spaß gemacht, vor allem erfreute mich das Gefühl, nichts verlernt zu haben. Es war alles in allem ein schöner Job, die hochinteressante digitale Publikation der Gerda-Henkel-Stiftung in ein Buch meiner Kategorie 1 (Muss haben!) zu verwandeln. Das Buch wurde nicht ganz perfekt, weil halt das Drucken von PDFs für Amateure manchmal etwas tricky ist.
Hier noch mal der Link, mit dem alles anfing:
https://edit.gerda-henkel-stiftung.de/das-junge-rheinland/gegruendet-gescheitert-vergessen/