Montag, 8. Februar 2021

Das Junge Rheinland : Vom PDF zum Buch

Ein milder Vorwurf meines Freundes E. hält mich an, nach langer Abwesenheit mal ein wenig in eigener Sache zu bloggen. Hier bitte! Ausreden finden sich schnell und sind auch flott formuliert. Tatsache ist, dass es gleich mehrere Gründe dafür gab, das Buchbinden im vergangenen Jahr zu vernachlässigen. Die Pandemie war es nicht. 

Es lag daran, dass ich angefangen habe zu radieren und zu drucken. Und ja, ich besitze und nutze nun schon fast 1 Jahr eine kleine feine Radierpresse katalanischen Ursprungs. Kleiner Bericht dazu folgt noch.

Dann musste mein Radierfreund F. aus gesundheitlichen Gründen seine Arbeit einstellen und seine Werkstatt verkaufen. Auch sein Engagement als Vorsitzender der Geschichtswerkstatt Kalk hat er stark reduziert. Einen Teil davon habe ich als sein Vertreter übernommen. Mein ältester Freund W., ein angesehener Antiquar,  verstarb plötzlich, seine „Aufträge” für Reparaturen an Büchern, Schubern und Boxen sind mit ihm gegangen; seine Honorierung in gehobenen Rotweinen somit auch. Ende der Klage.

Im Sommer bekam ich Probleme mit meinen Augen. Nach zwei dringend nötigen OPs zum Jahresende bekam ich ein vorübergehendes Lese- und PC-Verbot. Beim Hörbuch-hören schlief ich gerne ein. Also habe ich mich auf meine alte Leidenschaft, das Buchbinden besonnen und aus einem PDF-Download der Gerda-Henkel-Stiftung ein schönes Kunstbuch gebaut, das sich sicher in meinem Regal gut ausmachen wird - abgesehen vom hochinteressanten Inhalt. Die frühen Jahre des letzten Jahrhunderts haben mich schon immer sehr  interessiert.




Titel: Das Junge Rheinland;

erschienen 1921.

Die PDFs habe ich digital doppelseitig auf naturweisses Material kopierten lassen, ich hab die Blätter gelumbeckt und eine massive Decke (2mm BuBi-Pappe) drumherum gebaut. Die expressionistische Farbgebung des Originals konnte ich mit gelbem Regentleinen und hochrotem japanischem Maschinenbütten umsetzen. Als ich fast fertig war, las ich, dass der große Graf Kessler seine Weimarer Lieblingsbücher in gelbes Ziegenleder binden ließ. Freute mich zu lesen, aber für mich tut es das Leinen auch. Den gelben Klotz (ca. 30x21x4 cm) einzubinden hat Spaß gemacht, vor allem erfreute mich das Gefühl, nichts verlernt zu haben. Es war alles in allem ein schöner Job, die  hochinteressante digitale Publikation der Gerda-Henkel-Stiftung in ein Buch meiner Kategorie 1 (Muss haben!) zu verwandeln. Das Buch wurde nicht ganz perfekt, weil halt das Drucken von PDFs für Amateure manchmal etwas tricky ist. 

Hier noch mal der Link, mit dem alles anfing:

https://edit.gerda-henkel-stiftung.de/das-junge-rheinland/gegruendet-gescheitert-vergessen/


Freitag, 10. April 2020

Walter Ziegler; Hartwig Preuschl - Vielfaches Gedenken an 2 geniale Drucker

Heute habe ich einen (authorisierten) Nachdruck von der Originalplatte dieser beeindruckenden Grafik gescannt, weil ich sie posten möchte. Gleichzeitig werde ich ihre Geschichte in aller gebotenen Kürze erzählen.

Walter Ziegler - Selbstprotrait
Nachdruck, Radierung ca- 1900 
Dies ist ein Selbstportrait (ca. 1900) des Malers, Grafikers, Lehrers und Schriftstellers Walter Ziegler aus Oberösterreich. Walter Ziegler (*23. März 1859 in Debrnik/Markt Eisenstein— † 17. Juni 1932 auf Schloss Wanghausen in Ach/Innviertel)  war nicht nur wegen seiner zahlreichen Talente und Fähigkeiten als Künstler bemerkenswert.
Er war auch ein genialer Kommunikator mit einer klaren Vision. Er beschrieb im Vorwort zu seinem 2bändigen Werk „Die manuellen grafischen Techniken …” alle um 1900  bekannten grafischen Techniken. Wichtig für ihn, wichtig für mich und meinen Grafiker-Sohn war vor allem, dass er  Künstler und Grafiker unterschieden  hat. Ziegler, sinngemäß: „Der Künstler erschafft Unikate, der Grafiker ist für die Vervielfältigung zuständig.” Das klingt heute schon ein wenig eigentümlich, vor allem, weil uns die digitale Welt beides locker ermöglicht.
Ziegler publizierte seine Meinung unwidersprochen, seine Bücher erreichten hohe Auflagen, wurden vielfach nachgedruckt und dienen heute noch Dozenten weltweit zur Unterweisung von Studierenden, die sich für die grafischen Techniken interessieren, beispielsweise in Australien. Die Bücher sind nur noch antiquarisch zu haben.
In der Familie meiner Frau wurde berichtet, dass Ziegler einigen später sehr bekannten Künstlerinnen und Künstlern das Radieren und Drucken beigebracht hat. Bekannt wurde er auch als Lehrer von Paul Klee, der in Zieglers Münchner Kunstschule auch das Radieren erlernte.
Arbeitet man sich durch das erwähnte Zieglersche Werk, stößt man leicht an die aktuellen Grenzen dessen, was überhaupt noch im Handel erhältlich ist. Er beschreibt minutiös die Herstellung von diversen Druckfarben. Analysiert man das eine oder andere Originalrezept von 1900 muss man spätestens dann passen, wenn er gelbes und weisses Waalfett verlangt. Danach sollte man besser industriell gefertigte Farben im einschlägigen Fachhandel bestellen. Auch das Kochen von Leinöl und anderen Farbinhaltsstoffen sollte man vielleicht doch den Fachbetrieben überlassen, wenn man seine private Werkstatt liebt. Der Gestank und die Feuergefahr ist schon nicht unerheblich, schreibt Ziegler in seinem Buch, das sehr viele altmodische Rezepte enthält.
Doch Ziegler schrieb viele gute Hinweise und Ratschläge für Anfänger und Fortgeschrittene in sein Buch, die zu beherzigen leicht fällt, stammen sie doch von einem absoluten Profi mit jahrzehntelanger Erfahrung.
Schließlich möchte ich meinem verstorbenen Schwager Prof. Hartwig Preuschl (1939 - 2012). Danke sagen, weil er von der Erbengemeinschaft autorisiert,  Ziegler'sche Radierungen und Heliogravüren nachgedruckt hat, die in einer Gedächtnisausstellung auf Schloss Wanghausen ausgestellt wurden. Hartwig Preuschl war Lehrer an der „Grafischen” in Wien, ein bekannter Gestalter und kenntnisreicher Drucker fast aller Edeldruckverfahren.



Sonntag, 16. Februar 2020

SUMO-Buch Reparatur

Was tut man nicht alles für seine Freunde!? Gefragt, ob ich dieses mißhandelte Buch reparieren könnte, habe ich mutig ja gesagt. Was war passiert? Das Buch, eines der handsignierten Sumo-Bücher aus dem Taschen-Verlag mit zahlreichen beeindruckenden SW-Fotos von Helmut Newton im royalen Format von H70xB50xT15 cm war von seinem speziell designten Präsentationsgestell gefallen. Da das Buch über 30 kg wiegt und auch für einen kräftigen Menschen im Fallen nicht zu halten ist, war das Unheil perfekt. Eine Crux moderner Bücher ist immer das Mißverhältnis vom überschweren Buchblock zum schwächlichen Scharnier am Einband. Das Unglück war komplett, weil der Deckel im Scharnier abgerissen war und lose auflag. GSD war der Buchblock unbeschädigt und das Scharnier war noch fest mit ihm verbunden.
Also los, Buchbinder: Sichten, messen, denken, recherchieren, fluchen. Da letzteres nichts nutzt, habe ich das benötigte wunderschöne blaue Vorsatzmaterial (in der passenden Größe und Laufrichtung) schließlich bei einem kanadischen Unternehmen gefunden, da der Original-Hersteller in Japan nicht ins Ausland liefert. Es ist als sog. Cardstock, 240 g/qm, linen blue zu finden, wenn man lange genug sucht.
Das alte fliegende Vorsatz (auf der Innenseite der Decke) habe ich in kleinen Stückchen gefeuchtet und vorsichtig entfernt, das Scharnier gereinigt, verstärkt und die neuen Blätter aufgebracht. Doch halt: Die Decke besteht aus einem facettierten Sperrholz; darauf war das Vorsatz direkt aufgeleimt. Mit allen gebotenen Vorsichtsmaßnahmen habe ich nur für diese eine Seite über einen halben Arbeitstag benötigt, um wieder eine einwandfrei glatte Fläche zu bekommen. Zur Feier des Tages habe ich mir aus meinem kostbaren Lagerbestand einen Topf japanischen Shofu-Kleister gekocht, um die Reparatur reversibel zu gestalten. Als alles gut gelungen war, sank dann auch mein Blutdruck.
Das war dann das Kleben und Ausbessern der Schutzumschlags geradezu Erholung.

Nur zum Vergleich: Sumo mit abgerissene Decke und Normalo fast fertig repariert

Vorsatz stückchen-weise entfernt

Feinarbeit auf der Decke innen

Sumo und (stehender ;) Schutzumschlag

Wir man ein Buch von über 30 kg bei schlechtem Wetter transportiert


Freitag, 3. Mai 2019

Big Book oder Aus Alt mach Neu oder Mach die Welle, Buchbinder

Für eine Veranstaltung meiner bevorzugten Bürgerinitiative [ https://www.facebook.com/events/340111590189991/ ] habe ich ein sog. „Big Book”  (74 x 1,10 x 6 cm) gebaut. Dazu musste ich ein paar meiner eigentlich absichtslos gebunkerten Ikea-Verpackungen schlachten, zuschneiden, rillen, falten, leimen, hämmern, pressen, heften. Die Arbeit war nicht ganz so komfortabel wie gedacht, das sperrige Objekt passt emal gerade so auf meinen Arbeitsplatz.
Ausgangsmaterial: Ikea-Wellpappe
gerillt, gefalzt, gehämmert, geleimt 
mit Baumwollschnur vom Flohmarkt geheftet
Innenansicht
Rückansicht

In das  Buchobjekt sollen die Notizzettel mit den Vorschlägen und Forderungen der Veranstaltungsteilnehmer*innen geklebt werden. Sie bleiben so erhalten und können jederzeit nachgeblättert werden.
Die Anregung zu dieser Konstruktion fand ich bei der kalifornischen Künstlerin Debra Dishman [ http://debradisman.com/work/community/ ]. Ich hoffe sehr, ich habe ihren Ansprüchen genügt. Schaunmermal wies werden wird.

Sonntag, 10. März 2019

Die Radierung - Feine Fundsache von 1972

Durch den Erwerb und den Betrieb dieses schlichten, mit Handkurbel zu bedienenden  Maschienchens namens „xcut” kann ich nun die berühmte Ausrede des von der notorischen Aufschieberitis infizierten Menschens „das geht nicht” vergessen. Alles geht nicht, stimmt, aber stanzen, prägen, drucken geht, wenn auch nur eingeschränkt. Linodruck geht sogar sehr gut. Momentan experimentiere ich mit Mehrfarbendrucken. Die sind aber noch nicht so weit, dass ich sie vorzeigen kann.
Angespitzt durch den Kauf und durch die Experimente mit verschiedendsten Druckmaterialien und  -techniken habe ich begonnen, mich in der schönen, uralten und aktuell zu Ehren gekommenen Kulturtechnik „Drucken” umzuschauen. Ich bin auf der Suche nach Möglichkeiten, ein paar meiner seit langem gehüteten Ideen für „Künstlerbücher/Buchobjekte” zu realisieren. Mit der Nr. 1, „Masken” habe ich begonnen. Nr. 2, Papier nach Art des Augsburger Buntpapiers ist in der Mache. Noch fehlt eine Farbe, lila, deren Anmischen aus den klassischen wasserlöslichen Linoldruckfarben Zicken macht.
 

Egal wie, es macht mir ungeheuerlichen Spaß, in dem herrlichen Bereich des (kunst)handwerklichen Druckens zu stöbern, zu suchen und zu finden. So auch diese, immerhin über 40 Jahre alte, hochinteressante Publikation aus dem Hause Kätelhön von 1972, für ein paar Euro erworbene „Die Radierung”. Eine gut gemachte, in klassischem 70er-Jahre-Grafikdesign gestaltete, schwarz-weiss gedruckte Broschur, ohne Schnick und Schnack, gut erklärt und bebildert.

Samstag, 12. Januar 2019

Drucken & Binden II in mobilen Bildern

Der Vorteil der digitalen Welt ist, dass eigentlich nichts kaputt oder verloren geht und dass alle Experimente rückstandslos zum Ziel führen. Gestern noch bellte mich Blogger an, dass mein Minifilmchen VIEL zu viele Mbs hätte. Ein wenig Hin- und Hergezeppte führte mich dann zu der Funktion, die ich so dringend benötigte, die Reduktion vom Minifilmchen auf ein Superslim-Filmchen, Motto: Less is more! Hier, bittesehr:

Freitag, 11. Januar 2019

Drucken & Binden

Die Überschrift möchte ich wortreich erklären: Warum ich neben dem Buchbinden mit dem Drucken angefangen habe. Eine ehrliche Antwort, kurz und knapp, habe ich leider nicht.
Über den Einstieg „Buntpapier/papier dominoté”, sprich Kleister- und Spachtelpapier, wurde ich munter, das hat mir Spaß gemacht und die Ergebnisse zieren nun schon einige Bücher.
Die Neugier trieb mich dann zu den fein(st)motorigen Edeldrucken, Intalgos, Gravuren, Ätzungen und deren Anverwandten. Als Grobmotoriker hatte ich da meine handwerklichen Schwierigkeiten, darüber hinaus sind meine Augen auch nicht mehr das, was sie sein sollten. Weil mein Arbeitstisch quasi neben meinem Bett steht, fallen die stark riechenden benötigten Chemikalien und die Öl-basierten Farben aus.
So kam ich auf den Linoldruck mit wasserlöslichen Farben. Das Schneiden der Linolplatten gefällt mir, auch die holzschnittähnlichen Ergebnisse. Also begann ich, mit Löffel und Baren zu ‚drucken’ und legte mir eine günstig ausgepreiste Hobby-Prägemaschine aus England zu, mit der man sehr ordentlich drucken kann.
Über den schönen Kontakt zu einer seelenverwandten, jedoch weit weg wohnenden und arbeitenden Buchbinde-Freundin kam mir der Gedanke zu meinem zweiten Buchobjekt überhaupt. Also habe ich nichts repariert, nichts revitalisiert, sondern ‚from the scratch’ ein kleines Buchobjekt, richtig schön kunsthandwerklich geschaffen. Mein Motiv: Masken, im ersten Ansatz sind es die afrikanischen Masken. Weitere sollen folgen, aus der Karibik, aus Asien, vielleicht auch aus Venedig.
Zum Materialmix habe ich mir geschworen, nichts neues zu kaufen und vorhandene Vorräte zu plündern. Deckel und Rücken durchgefärbter Zaans'che Board. Die eigentlichen Drucke machte ich mit dem Xcat-Maschinchen auf einem Druckkarton, den ich von meinem verstorbenen Schwager geerbt hatte. Er wiederum erbte das Material von einer hochbetagten Kupferstecherin in Wien. Ich schätze das Alter des wasserzeichenlosen Materials auf mindestens 50 Jahre. Es ließ lich ganz vorzüglich bedrucken. Jedem Druck habe ich eine Seite Kozo vorangestellt, die ich jeweils mit der Restfarbe des vorausgegangenen Druckes abgezogen habe. Alle Farben habe ich mit ererbten, teilweise sehr alten Pigmenten, teils Erdpigmenten, angerieben. Bis auf eine Farbe, die sog. Blutstein enthielt, war das kein Problem. Hier muss ich noch üben. Mit untergemischtem  Gummi arabicum und etwas Kleister sollte das kein Problem mehr sein.
Japanische Fadenheftung bot sich an, mit der ich als Amateur drei so unterschiedliche Bedruckstoffe bändigen kann.


Wenn es mir gelungen ist, das Mini-Filmchen zum Thema auf adrette 100 mb runterzurechnen,  stelle ich den hier ein. Momentan muss ich mich mit einem Screenshot behelfen.